New Work in der Schule! Power of Place, Spirit , Community[1]
Die fundamentalen Veränderungen der Arbeitswelt werden auch vor der Schule nicht halt machen – New Work gehört in die Schule und ist m.E. eine notwendige Voraussetzung für moderne Pädagogik.[2]
Nach Frithjof Bergmann sind die „Zentralen Werte der „Neuen Arbeit“ (...) Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an Gemeinschaft.“[3] Die Verbindung zur modernen Didaktik und zum Lernen der Schüler (und zur Arbeit der Lehrkräfte) ist offensichtlich: In der modernen Schule geht es um individualisiertes Lernen, um die Freiheit der (Aus)Wahl und um die Kooperation mit anderen Lernern und Lehrenden. Nicht der Gleichschritt bestimmt den Rhythmus, die Talente und Kompetenzen der handelnden Personen sind bestimmende Elemente des Lernprozesses.[4]
Es geht um Flexibilität und Kreativität in einer Atmosphäre, in der sich die Handelnden nicht scheuen, Fehler zu machen - und aus diesen zu lernen. Eine solche Schule hat etwas, was man als „Power of Place“ bezeichnen könnte – sie hat eine lernfördernde, neugierig machende Ausstrahlung! Eine solche Schule inspiriert, sie hat Ausstrahlung, sie hat Spirit!
„Spirit“ kann man auch mit (Grund)Haltung übersetzen. Es geht um die Gefühle und Inspirationen, die sich einstellen, wenn man sich an einem Ort befindet, der berührt und zum (Nach)Denken anregt.
Zur Entwicklung einer inspirierenden Atmosphäre bedarf es einer anderen Herangehensweise an Aufbau, Organisation und inhaltlicher Gestaltung von Schule. Denn Schulen können inspirierende „Learning Environments“ werden, wenn sie bereits sind, die alten Paradigmen zu hinterfragen und sich auf einen interaktiven Veränderungsprozess einzulassen.
Es gibt bereits Schulen (und Universitäten), die diesen Anforderungen entsprechen und eine Ausstrahlung besitzen, die weit über ihre räumlichen Grenzen hinaus wirkt. Jeder, der einmal in Berkeley oder Stanford war, der Schulen besucht hat, die den Deutschen Schulpreis gewonnen haben, weiß wovon ich spreche.
Diese Institutionen zeigen, dass „Spirit“ unterschiedlich definiert werden kann und „New Work“ längst existiert. Allen gemeinsam ist aber, dass sie eine Vision verfolgen, in der die einzelnen Menschen, ihre Fähigkeiten, Kompetenzen und Talente im Mittelpunkt stehen.
Diese Schulen und Universitäten fördern Teamgeist, sie unterstützen interdisziplinäres Forschen bzw. Lernen, sie nutzen Technologie, sie stehen für eine intensive Kommunikation und Kooperation innerhalb der Institution und mit externen Partnern.
Der Prozess
Zur Veränderung gehört immer auch eine Bestandsaufnahme. Diese Bestandsaufnahme braucht klar formulierte Ziele: Wie können wir den Lernenden individuelles und sinnvolles, kompetenzorientiertes Lernen ermöglichen? Und – wie können wir die Arbeit der Lehrenden organisieren, damit sie dieses Ziel - gemeinsam mit den Lernenden – erreichen können?
Eine Analyse dessen was ist, kann helfen, die dringendsten „Baustellen“ zu identifizieren. Wesentlich für eine solche Bestandsaufnahme sind die Meinungen und Sichtweisen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Sekretärinnen/Hausmeister etc.), der Schülerinnen und Schüler, der Lehrerinnen und Lehrer, der Erzieherinnen und Erzieher und auch der Eltern.
Diese nur zu erfassen reicht nicht – alle müssen gehört werden und am Entwicklungsprozess bzw. am Diskussionsprozess beteiligt sein. Es geht um nichts Geringeres als um die „Sinnhaftigkeit“ des Lernens, um die „Sinnhaftigkeit der Arbeit“ - um den Sinn des Lebens selbst.
New Work bedeute immer auch die sinnvolle Integration moderner Technologie, ihre Nutzbarmachung zur Effektivierung von Prozessen und Abläufen. Dazu gehören die Aufteilung und die Einrichtung der Räume und die Möglichkeiten des Zugangs zu innerschulischen und außerschulischen Lernorten. Technologie[5], Architektur und Didaktik bilden eine gemeinsame Grundlage für flexibles, kreatives und an Problemlösungen orientiertes Lernen.
„New Work“ hat also einen direkten Bezug zum „Neunen Lernen“ und betrifft alle beteiligten Gruppen gleichermaßen. Es bedarf der Bereitschaft und Offenheit, Experten von außen mit einzubeziehen und interne sowie externe Feedbackprozesse zuzulassen.
Die Umgestaltung fordert eine veränderte Leitungskultur, die Bereitschaft, andere Kommunikationsstrukturen zu entwickeln und die veränderte Nutzung von Räumen zu wagen bzw. zu wollen. Und es geht ganz besonders darum, (Vor)Urteile über den Einsatz von Technik zu überwinden und die neuen Technologien als hilfreiche Werkzeuge einer veränderten Lern- und Lehrkultur zu verstehen.
Stichworte für eine so zu beschreibende „Lernende Organisation Schule“ sind etwa[6]:
· Flexibilität, Mobilität von Arbeits-/Lernzeiten und Lernorten
· „Desk Sharing“ für Lehrende und Lernende
· (Virtuelle)Teamarbeit und digitale Kommunikation
· Lokale/globale Vernetzung mit außerschulischen Partnern
· Fragen und Probleme als Ausgangspunkt des Lernens
· Erweiterung der Lehr- und Lernräume durch Performance, Kunst, Musik und Bewegung
An anderer Stelle habe ich bereits darauf hingewiesen, die 24/7 Schule wird kommen – und damit auch eine veränderte Lern- und Arbeitsorganisation nach sich ziehen.
[1] Ausgehend von einem Beitrag von Rolf Wagner auf Linkedin habe ich mir Gedanken gemacht – was kann NEW WORK für die Schule bedeuten? Siehe Wagner,G.: Fakten über New Work. https://www.linkedin.com/pulse/fakten-über- new-work-günther-wagner/ [2] Die Reformpädagogik hat dies bereits vor Jahrzehnten gesehen: Maria Montessori, Celestin Freinet und Peter Petersen. Siehe Röhrs,H. (Hrsg.): Die Reformpädagogik. Ursprung und Verlauf unter internationalem Aspekt. Stuttgart 2001, [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Frithjof_Bergmann [4] Vergl dazu auch: https://www.weforum.org/about/the-fourth-industrial- revolution-by-klaus-schwab [5] Zur Integration von Technik, siehe den interessanten Artikel in der SZ vom 12. Juli 2018: Moderne Medien in der SchuleTechnik, Ethik und Etikette [6] In Anlehnung an Günther Wagner (s.o.)